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Die Badminton-WG

Hannes und Robert sind des Sports wegen nach Braunschweig gezogen

Menschen unterschiedlichen Alters werden in einer Wohngemeinschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit Knatsch erleben, heißt es. Hannes Roffmann und Robert Hinsche kümmert’s nicht. Die 15-jährigen Badminton-Asse wohnen im östlichen Ringgebiet in einer WG – gemeinsam mit ihrer 26-jährigen Trainerin Iris Bardenhorst.

"Dass wir zusammenziehen, war nur eine Witzidee", erinnert sich Hannes Roffmann. Auch für Iris Bardenhorst war die Vorstellung, mit zwei Burschen eine WG zu gründen, ein Gag: "Ich sagte mir: Eine Wohnung mit zwei Halbwüchsigen? Auf keinen Fall..." Denkste: Die Lehramtstudentin zog von Hannover nach Braunschweig. Seit Juli lebt sie als Aufsichtsperson mit den beiden in einer Vier-Zimmer-Wohnung.

Robert kam aus Dessau in die Löwenstadt, Hannes war in Diepholz zu Hause. "Ich will unbedingt im Badminton weiterkommen", betont Hannes, der zur "U17"-Nationalmannschaft gehört. In Diepholz sah der HipHop-Fan sein Ziel, "zur deutschen Spitze bei den Senioren zu gehören", schwer realisierbar. "Mir fehlten gute Trainingspartner."

Nun hat er sie. Hannes (nunmehr BV Drömling) und Robert (BV Gifhorn) sind auf Initiative von KarlHeinz Olinski nach Braunschweig gezogen. Der Vorsitzende des Leistungsausschusses beim Niedersächsischen Badmintonverband (NBV) ist Physik- und Sportlehrer an der Gaußschule. Sieben Kaderathleten des NBV hat der 52-Jährige im Gymnasium am Löwenwall um sich geschart – auch Hannes und Robert.

Olinski war es ein Dorn im Auge, dass die niedersächsischen Badminton-Talente in den Westen der Republik zogen, weil sie dort bessere Möglichkeiten vorfanden. Darum hat er die Strukturen aufgebessert: In Braunschweig wird nunmehr an mehreren Tagen ein Stützpunkttraining geboten. Hannes findet die Bedingungen "hervorragend".
Während seine Mitschüler sich jeden Dienstag in den ersten Stunden mit Kunst und Englisch beschäftigen, feilt Hannes in der Turnhalle mit Landesverbandstrainerin Bardenhorst an seinem Spiel.

In Freistunden holen die Cracks den Unterricht mit Lehrerhilfe nach. "Ohne das Engagement meiner Kollegen wäre das Ganze nicht möglich", sagt Olinski, dessen Ziel es ist, in der Region einen Erstligisten zu etablieren.

Glücklich war die Mutter von Hannes nicht, dass er Diepholz, zwischen Bremen und Osnabrück gelegen, den Rücken kehrte; gleichwohl wollte sie der Karriere nicht im Weg stehen. "Wir haben vorab viele Gespräche mit den Eltern geführt und gemeinsam die Wohnung ausgesucht", erklärt Iris Bardenhorst, die ein "Auge darauf hat, dass die beiden auch ihr Schulbrot machen".

Dafür kommt sie in den Genuss von Hannes’ Ausflügen in die Kochwelt: "Ich bin zwar kein Kochtalent, aber meine größten Erfolge sind Milchreis und Nudel-Schinken- Gratin." Möchte man ihm glauben, werden Robert und er von ihrer Mitbewohnerin "ganz schön" in den Haushalt eingebunden. Die sieht es differenziert: "Zum Anfang haben die Jungs viel gemacht – aber im Laufe der Zeit ließ das nach.."

 

(Quelle: BZ vom 26.10.2002, Stefan Boysen)